Gastbeitrag: Patricia Pöchhacker „Adaptives & inklusives Yoga ©“

Seit der Integration des Blogs in unsere Website konnten wir bereits viele spannende Themen aufgreifen. Was dieses Format so besonders macht, ist die Freiheit, ohne Einschränkungen über Herzensangelegenheiten zu schreiben und dabei auch in die Tiefe zu gehen. Doch wir möchten auch anderen eine Stimme geben und freuen uns deshalb besonders auf unseren ersten Gastbeitrag.

Patricia Amrita Pöchhacker, die in diesem Trimester in Zusammenarbeit mit uns den Kurs "Adaptives & Inklusives Yoga" in unserem Ballroom anbietet, wird ihre Gedanken mit uns teilen.

Adaptives & Inklusives Yoga

Dauer:            Mi, 18.09. – 11.12.2024
Uhrzeit:          17:00 bis 18:15 Uhr
Level:              All Levels
Preis:              EUR 190,00 / Person

Was "Adaptives & Inklusives Yoga" genau ist und wie sie dazu gekommen ist lassen wir sie am besten selbst erzählen. Vielen Spaß beim Lesen unseres ersten Gastbeitrages.

Warum ich „Adaptives und inklusives Yoga ©“ kreiert habe und was es ist.

Wenn mich Menschen fragen, wie es dazu kam, dass ich „Adaptives und inklusives Yoga ©“ kreiert habe, dann erzähle ich ihnen von den 5 prägendsten Sätzen und Situationen auf meinem eigenen Yogaweg.

Adaptives und inklusives Yoga © | Stadtyogini, Patricia Pöchhacker
Adaptives und inklusives Yoga © | Stadtyogini, Patricia Pöchhacker

Ich erzähle von meinen Mitmenschen und Teilnhemer:innen die meine besten Lehrer:innen waren und sind, ich erzähle von meinem eigenen (Yoga)Weg und davon, dass man nie auslernt.

“80% der Teilnehmer:innen müssen mitkommen, lass die anderen in der Stellung des Kindes warten.“

Dieser Satz wurde in meiner ersten Yoga Ausbildung an der ich teilnahm gelehrt, in Österreich, 2012. Dieser Satz, verändert alles. Schon damals wollt ich das nicht so einfach hinnehmen. Ich beschloss, dass in meinem Yogaunterricht niemand “zurückgelassen“ wird.

Mein erster Leitsatz wurde: Yoga angepasst an alle Personen im Raum. Meine Aufgabe: so viel zu wissen und so gut zu werden, um individuelle Hilfestellung bieten zu können.

Für mich war die erste und schnellste Lösung nur kleine Gruppe zu unterrichten, max. 8 Teilnehmer:innen und mehr Varianten der einzelnen Positionen anzubieten. Das funktionierte gut, mit der Zeit wurde ich sicherer im Unterrichten. In einer meiner ersten Personal Yoga Einheiten, bei denen ich 1:1 arbeite hatte ich dann ein weiteres Erlebnis, das mich und die Art wie ich unterrichte geprägt hat:

“Stabiler Stand, Füße eng zusammen, große Zehen berühren sich.“

Meine Klientin war eine mehrgewichtige Person und ich gab die erlernten und in der Praxis erprobten Ausrichtungsanweisungen: “Stabiler Stand, Füße eng zusammen, große Zehen berühren sich.“

Adaptives und inklusives Yoga © | Stadtyogini, Patricia Pöchhacker
Adaptives und inklusives Yoga © | Stadtyogini, Patricia Pöchhacker

Noch während ich das sagte und sah, wie sich meine Klientin bemühte die Haltung einzunehmen hatte ich eine kleine Erleuchtung: das, was ich da sagte, machte keinen Sinn. Zum einen, weil der Stand für meine Klientin nicht stabil sein konnte, zum anderen, weil sie ihn auf Grund ihrer Körperform nicht einnehmen konnte. Ich entschuldigte mich bei ihr und gemeinsam haben wir eine Variante gefunden, die für ihren Körper passte. Ich begann über all die Dinge nachzudenken, die ich gelernt hatte, über alle Anweisungen die ich, ganz automatisch gab…

Der nächste Leitsatz war: Inklusivere Sprache – hinterfragen was „allgemein“ gültig ist. Meine Aufgabe: verschiedene Lebensrealitäten und individuelle Bedürfnisse kennenlern und wahrnehmen und lernen, wie ich Anweisungen inklusiver gestalten kann.

“Wir sind stolz auf dich und würden gerne bei deinen Yogaklassen mitmachen, können aber nicht. “

Dieser Satz stammt von meiner Mutter und Großmutter. Meine Mutter hat zwei Knie Prothesen, ein steifes Sprunggelenk und 3 Krebsformen überlebt, meine Großmutter, war zu dieser Zeit schwer und unheilbar an Darmkrebs erkrankt. Ich begann die Yogaübungen zu adaptiere, damit man sie am Stuhl, Rollstuhl und im Bett üben konnte. Aktiv bewegt oder ich bewegte die Person im Bett. Ich wollte mehr lernen, mehr Wissen. Ich machte zusätzliche Ausbildungen: Traumasensibles Yoga, Senior:innenyoga, Yogatherapie, Ayurveda, Accessible Yoga und lernte meinen Mentor in Indien kennen – ein Doktor des Ayurveda und der Yogatherapie und Philosophie. Unter seiner Anleitung lerne ich seit 5 Jahren.

Der nächste Leitsatz ergab sich: Mit Adaptionen und Hilfsmittel können Übungen zugänglicher gemacht werden oder herausfordernder gestaltet werden. Meine Aufgabe: lernen so zu adaptieren, dass die Wirkung der Übungen nicht verloren gehen.

“Sie sind chronisch krank und müssen lernen damit zu leben. Dafür gibt es keine Heilung. Vielleicht wird es nie wieder besser mit den Symptomen.“

Diesen Satz hörte ich 2019 das erste Mal, kurz nachdem ich an meinen Symptomen fast gestorben wäre. Eine nicht sichtbare, mentale Behinderung begleitet mich schon mein ganzes Leben. 2020/21 bescherten mir 2 Corona Erkrankungen noch dazu Long Covid zusätzlich zu der Grunderkrankung.

2023 hatte ich meinen letzten schweren Krankheitsschub, ich war 3 Monate arbeitsunfähig. Ich musste meine eigne Praxis neu denken…und auch wieder vertrauen in meinen Körper zurückerlangen Die Praxis neu denken, heißt auch Dinge wieder neu zu lernen die man schon mal konnte, Dinge anders zu machen als “früher“ , Bewertungen rauszunehmen (in Gedanken und auch der Sprache z.B. “ …die volle Position“ , “ …die Endvariante“ ,) und auch zu lernen, dass manche Sachen nicht mehr in der gewohnten Form möglich sind. Währende meines letzten, großen Krankheitsschub begann ich meine körperliche Praxis ins Bett zu verlegen. Warum? Weil es nicht anders möglich war, ich konnte mich nicht einmal gut aufstützen.

Ich vertiefte meine Atempraxis, Meditations- und Yogaphilosphie Praxis und entdeckte neue Möglichkeiten und Chancen.

Daraus ergab sich folgenden Leitsatz: Fang bei dir an. Meine Aufgabe: Gelerntes hinterfragen, experimentieren, Geduld haben, Dinge neu und anders machen.

“Yoga für alle, Yoga barrierefrei – ist ein schöner Gedanke, aber nicht möglich“

Rodrigo Souza, einer meiner Lehrer bei der Accessible Yoga School von Jivana Heyman, bei der ich eine Ausbildung gemacht fragte bei einer Gruppenreflexion, was wir unter Barrieren verstehen. Er selbst ist ein Yogalehrer mit Querschnittslähmung der einen Rollstuhl benützt. Barrieren haben viele Gesichter. Manche Barrieren sind sichtbarer als andere, Barrieren sind individuell und Barrieren werden uns meist erst bewusst, wenn wir selber oder unser nahes Umfeld betroffen sind.

Der letzte Leitsatz kam mir dann in der Mediation nach der Gesprächsrunde: Eine 100% Barrierefreiheit ist nicht möglich, weil Barrieren so individuell sind. Meine Aufgabe: Yoga unterrichten, lehren und weitergeben so barrierefrei wie möglich.

Adaptives & Inclusives Yoga mit Patricia Pöchhacker

Mit “Adaptive und inklusives Yoga ©“ möchte ich Yoga so vielen Menschen wie möglich zugänglich machen. Nicht nur die körperlichen Übungen, sondern auch Atemübungen, Mediation und Yogaphilosphie.

Was “adaptiv“ und „ “inklusiv“ für mich bedeutet

„Adaptiv“ bedeutet für mich angepasst an die Person, Ort und Situation. Adaptionen mit Hilfsmitteln wie Stuhl, Rollstuhl, Gegenständen aus der Umgebung und klassischen Yogahilfsmitteln (Blöcke, Gurt, Bolster) ermöglichen es die Übungen körperlich zugänglicher oder herausfordernder zu machen. Adaptieren können wir aber auch unsere Sprache zum Beispiel einfache klare Sprache oder den Raum, in den man unterrichtet, zum Beispiel mit Rücksicht auf Neurodivergenz, Sehbehinderung und Trauma.

Adaption hört aber nicht im physischen Raum auf: Auch meine Homepage und digitale Angebote, Flyer und Visitenkarten sind so gestaltet, dass sie so barrierefrei wie möglich sind. Auch auf finanzieller Ebene gibt es Möglichkeiten zur Adaption, die ich nütze: kostenlose Angebote, sliding scale und Stipendien, um auch hier Barrieren abzubauen.

„Inklusiv“ bedeutet für mich, dass ich alle Personen willkommen heiße die bei und mit mir Yoga üben möchten oder lernen möchten Yoga zu unterrichten. Und zwar unabhängig von Glauben, Gender, Sexualität, Nationalität, Alter, Körperform. Meine Angebote richten sich an Menschen mit und ohne Behinderung.

“Adaptives und inklusives Yoga ©“ bedeutet Yoga so barrierefrei wie möglich zu üben und lehren.

Patricia Amrita Pöchhacker ist Yogatherapeutin und Gründerin von Stadtyogini – Feel. Move. Balance. e.U. Adaptives und inklusives Yoga ©

Mehr über Sie findest Du auf: www.stadtyogini.at und www.lillisballroom.at/team