Montevideo ist nicht ganz so bekannt wie sein großes Gegenüber Buenos Aires. Wie Ihr schon erraten könnt - oder wisst - liegt es genau gegenüber der argentinischen Hauptstadt am nördlichen Ufer des Rio de la Plata.
Die beiden Städte haben vieles gemeinsam, nicht nur den Fluß, der sie trennt und dennoch verbindet, sondern auch die gemeinsame Sprache, und auch in Montevideo wird Tango getanzt. Und aus genau diesem Montevideo kommt Juan D. Lange und wuchs dort als Sohn deutscher Eltern auf. Der bereits absehbare Militärputsch von 1973 veranlasste ihn zur Emigration nach Deutschland. Als die Cap San Lorenzo im Hamburger Hafen anlegte - die Überfahrt finanzierte er sich als Deckarbeiter - hatte der Putsch gerade begonnen. Zu diesem Zeitpunkt war der Tango in Uruguay eingeschlafen und galt als alt und konservativ.
"Tango verkörperte einfach alles, das alt und konservativ war. Meine Freunde und ich, eigentlich die gesamte Jugend, standen auf Rock-Musik.“
Nach der anfänglichen Phase der Euphorie über das neue Leben auf einem anderen Kontinent setzte bei iahm und vielen anderen Emigrant*innen eine Desorientierung ein und viele suchten nach einer Verbindung zu ihrer alten Heimat und ihren kulturellen Wurzeln. Der Tango, der sich um 1900 in den Arbeitervororten von Montevideo und Buenos Aires entwickelt hat, erschien plötzlich nicht mehr als alt und konservativ, sondern als besonders wichtiger Teil dieser kulturellen Verbindungen.
„Tango war während der Diktatur nicht ausdrücklich verboten. Es waren ganz einfach alle Versammlungen von mehr als zwei Personen verboten."
Viele Immigrant*innen aus Lateinamerika begannen mit dem Tango erst im Exil, so auch Juan Lange. Anfangs trainierte er den Tango Argentino als Autodidakt. Danach erhielt er Unterricht von den renommiertesten Tangomeistern Ihrer Zeit - Antonio Tordado und Pepito Avellaneda.
In den 80er Jahren initiierte er die „neue deutsche Tango-Welle“ und begann schließlich 1982 als Tangolehrer in Berlin zu unterrichten. In Deutschland musste der Tango und die Tangoszene fast neu aufgebaut werden. Das Ethnologiestudium und die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Tanz gaben ihm die Werkzeuge in die Hand, um eine Gruppe von Tangoenthusiast*innen aufzubauen. Immer wieder hatte er auch Tänzer*innen aus Argentinien und Uruguay zu Gast, um sich selbst weiterzubilden. Schliesslich lud er sämtliche Tangoenthusiast*innen aus der Bundesrepublik nach Berlin ein um über eine sinnvolle Tangolehrer*innenausbildung zu beraten.
Aus dieser Gruppe entstand die erste "Welle" an Tangolehrer*innen. Zahlreiche Tangolehrer*innen wurden so von ihm ausgebildet und so verbreitete sich seine Methode über viele deutsche Großstädte. Immer wieder engagierte er sich für seine Leidenschaft und leitete zB das Produktionsteam von „Ilusion de Tango - Tango made in Berlin“.
Obwohl stets der Tango Argentino im Mittelpunkt seiner Tätigkeit stand, unterrichtete er auch Salsa Cubano und eine Vielzahl weitere lateinamerikanische und auch afrikanische Tänze, wie zB Kizomba, Semba, Coladera, Zouk und Kompa.
Sein Tanzstudio "Estudio Sudamerica" in Berlin führte er bis 2020, um danach ein neues Kapitel aufzuschlagen. Heute lebt er wieder in seiner Heimat Urugay und widmet sich der Bio-Landwirschaft. Dem Tango hat er aber nicht den Rücken gekehrt, denn im Sommer kommt er regelmässig für Workshops und Events nach Europa. Und glückerweise schaut er im Juni 2024 auch bei uns in den Stadtbahnbögen vorbei!
Sein wichtigster Beitrag im deutschsprachigem Raum ist aber wahrscheinlich die Ausbildung von Tangolehrer*innen. Und hier verknüpfen sich die Wege von Juan D. Lange und Lilli Beresin ...